Lawinen

Mehrere Faktoren spielen bei der Entstehung von Lawinen eine Rolle. In der Regel werden Lawinen erst durch das Zusammenspiel folgender vier Faktoren ausgelöst:

1. Gelände:

Die Lawinengefahr steigt mit zunehmender Hangneigung. Der kritische Hangneigungsbereich liegt zwischen 30 und 50°. Steilere Hänge verhindern die für Lawinen notwendige Ansammlung größerer Schneemassen, da der Neuschnee nicht liegen bleibt, sondern in kleinen Rutschbahnen zu Tal gefördert wird.

Auf flachen Hängen reichen die Zug- und Schwerkräfte innerhalb der Schneedecke nicht aus, um Lawinen auszulösen. Der typische Lawinenhang ist steil, schattig, kammnah und trägt eine mächtige Neuschneeauflage auf der dem Wind abgewandten Seite des Hanges.

2. Neuschnee und Wind:

Treten Neuschnee und Wind zusammen auf, so bedeutet dies höchste Lawinen- bzw. Schneebrettgefahr. Je größer die Neuschneeauflage, umso größer die Lawinengefahr. Besonders kritisch ist immer der erste schöne Tag nach einer anhaltenden Schlechtwetterperiode. Unter ungünstigen Bedingungen genügen schon kleinere Neuschneeansammlungen von 10-30 cm innerhalb von 3 Tagen um an Windschattenhängen die Schneebrettgefahr im Bereich von Berghängen stark zu erhöhen. Ungünstig heißt: Starker Wind: stärker als 50 Stundenkilometer (Wind ist hörbar, Wald rauscht). Tiefe Temperatur: unter minus 8°C (Schnee ist spröd und knirscht). Hang ist selten befahren. Unter günstigen Bedingungen genügt eine kritische Neuschneemenge von 30-50 cm innerhalb von 3 Tagen, um die Schneebrettgefahr stark zu erhöhen. Günstig heißt: Schwacher bis mäßiger Wind. Temperatur: 0° C zu Beginn des Schneefalls. Regen der in Schnee übergeht. Hang ständig befahren.

3. Die Schneedecke:

Das Wesen der Schneedecke ist ihre Unregelmäßigkeit. Sie setzt sich aus Teilflächen unterschiedlicher Stabilität zusammen („Flickenteppich“-Modell). Selbst topographisch vergleichbare Hänge (in bezug auf Exposition, Steilheit, Kammnähe, Höhenlage) können stark abweichende Gesamtstabilitäten aufweisen. Je mächtiger die Schneedecke um so kräftiger sind die gewaltigen Schwer- und Zugkräfte, welche an der Festigkeit der Schneeschichten „nagen“. In einer solchen Situation genügen schon kleine zusätzliche Belastungen zum Beispiel das Gewicht eines Skifahrers, um eine Lawine auszulösen. Der erfahrene Tourengänger oder Skifahrer erkennt solche Situationen an den dumpfen Wumm“-Geräuschen oder den Vibrationen in der Schneedecke.

4. Temperatur und Strahlung:

Temperatur, Schneebeschaffenheit und Strahlung stehen in einem komplexen Wechselwirkungssystem, das schwer zu überblicken ist. Dennoch lassen sich folgende Faustregeln als Entscheidungshilfe ableiten: Plötzliche massive Erwärmung (Föhn, Tauwetter, Regen, hohe 0°C-Grenze) verschärft die Lawinengefahr kurzfristig. Langsame und maßvolle Erwärmung entspannt eine trockne Schneedecke und bewirkt eine günstige Setzung und Verfestigung. Kälte konserviert eine bestehende Gefahr (Spannungen in der Schneedecke werden nicht abgebaut). Abkühlung verfestigt feuchte Schneedecken, zum Beispiel nächtliche Abkühlung bei Schönwetter. Im Frühjahr, bei Sulzschnee, verläuft der Grad der Gefahr meist parallel zum Tagesgang von Sonnenstand und Temperatur. In der zweiten Nachthälfte und frühmorgens weist die oberflächlich gefrorene Schneedecke große Tragfähigkeit auf, die bei Sonneneinstrahlung (auch indirekter) rapid abnimmt. Morgens werden Osthänge bestrahlt, mittags Südhänge und nachmittags Westhänge. Dies ist bei der Tourenplanung zu berücksichtigen, z.B. durch einen frühen Start für Osthänge. Für die Abfahrt bevorzuge man nach Möglichkeit West- bis Nordhänge.